Ein Staat ist immer nur so frei wie sein Waffengesetz
Interview mit Katja Triebel
Jagdwaffennetzwerk
Frau Triebel, nach dem umstrittenen Grün-Roten Koalitionsvertrag in Baden Württemberg steht scheinbar eine neue Zumutung für Jäger, Sammler und Sportschützen auf dem Programm: Die zwingende Verwendung von Sperrelementen für den Transport von Waffen. Wie ist dazu Ihr Kenntnisstand?
Katja Triebel:
„Zum Glück ist die Verwendung von Sperrelementen noch kein Gesetz, sondern nur eines von vielen Zielen, die die neue rot-grüne Koalition in Bremen beschlossen hat.
Wir konnten jedoch schon bei allen Waffengesetzen und deren Änderungen beobachten, dass gerade die kleinen Stadtstaaten ihre Ziele durchsetzten. Ich erinnere an das 2008 eingeführte Messerführverbot, das Berlin und Bremen initiierte. Trotz fehlender Fallzahlen, trotz fehlendem kriminalistischem Erfolg, wurden und werden viele Bürger seitdem des Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt, weil sie ein falsches Messer in der Tasche haben. Doch die Kriminellen laufen weiterhin mit Einhandmessern und verbotenen Schlagringen umher. Während dieses Gesetz beschlossen wurde, herrschte in den Medien eine allgemeine Hysterie bezüglich der ansteigenden Jugendgewalt. Eine Hysterie, der im Nachhinein jegliche statistische Grundlage fehlte.
Aktuell herrscht seit Winnenden eine Waffenhysterie. Trotz fehlender Fallzahlen, trotz fehlendem kriminalistischem Erfolg, kann es sein, dass so eine Initiative zum Gesetz wird.“
Wer sind die Nutznießer einer solchen Bestimmung – und wie könnte Sie möglicherweise zustandegekommen sein?
Katja Triebel: „Es gibt zwei Nutznießer. Zum einen die beiden politischen Parteien, die die Angst der Bürger vor Schusswaffenmissbrauch ausnutzen und mit dieser Initiative auf Stimmenfang gehen. Zum anderen die Hersteller dieser Sperrelemente. Aktuell gibt es nur eine Firma, die Armatix GmbH, die digitale Sperrelemente herstellt. Wir konnten beobachten, dass die Geschäftsführer von Armatix ihre politischen Kontakte nutzten, um die Angst vor dem Schusswaffenmissbrauch medial zu vermarkten. Auch sind Bestechungen an einen Schweizer Nationalrat bekannt geworden, wie auch Spenden an das Aktionsbündnis Winnenden, die sich beide für die gesetzliche Pflicht der Sperrelemente einsetzten.“
Was kann die Einführung einer solchen Blockierpflicht bei Transporten für den einzelnen Jäger, Sammler, Schützen bedeuten?
Katja Triebel: „Die Sperrelemente werden im Lauf eingebaut und sind daher kaliberabhängig. D.h. der Waffenbesitzer müsste nicht nur für jede Waffe, sondern bei kombinierten Waffen auch für jeden Lauf ein Sperrelement kaufen. So kommen schnell 1.000 bis 3.000 Euro für jeden Besitzer zusammen, bei Sammlern das 10- bis 100-fache. In der Regel transportieren Jäger, Sammler und Schützen nur ein bis zwei Waffen auf einmal. Zwei Abzugsschlösser würden als Transportsicherung völlig reichen. Deren Kostenpunkt liegt zum Vergleich bei 20 Euro.“
Verwundert es angesichts solcher Folgen nicht, dass selbst sogenannte Waffenrechts-Lobbyisten wie das Forum Waffenrecht und der Verband der Büchsenmacher das Unternehmen promotet haben, das solche Sperrelemente herstellt?
Katja Triebel: „Doch, dies wundert mich schon. Nach meinem Rechtsempfinden hätte das Forum Waffenrecht seit 2000 Öffentlichkeitsarbeit gegen die Erbwaffenblockierung machen müssen, mit Fallzahlen, die die Realität wiederspiegeln. Warum sollte man etwas kontrollieren und blockieren, wenn damit kaum Missbrauch betrieben wird? Die gleichzeitige Einführung der Tresorpflicht im Änderungsgesetz von 2003 hatte bewirkt, dass die höchste Fallzahl bei Erbwaffen, nämlich der Diebstahl, zurückging. Eine Blockierung von Erbwaffen ist m.E. nicht notwendig, ebenso wenig wie eine zusätzliche Transportsicherung. Nur hohe Fallzahlen von Schusswaffenmissbräuchen, die innerhalb von 30 Minuten nach dem Raub bzw. Diebstahl einer Waffe stattfinden, würden mich zum Grübeln bringen. Denn nur vor diesem Szenario kann die angepriesene Blockierung schützen.“
Bedeutet dies alles nicht schlicht, dass Waffenhändler sich entscheiden müssen, auf welcher Seite sie stehen: Entweder Nutznießer einer solchen Technologie sein oder sich den Wohlwollen ihrer Kunden erhalten?
Katja Triebel: „Nein, es gibt für uns Händler immer nur eine Seite: das Wohlwollen unserer Kunden. Erbwaffen kommen in Kommission bis sich ein Käufer findet oder der Erbe die Sachkunde erwirbt. Erinnerungsstücke werden in Dekowaffen umgebaut, damit sie weiterhin über dem Sofa hängen können. Viele Waffen werden verschrottet und wir haben in sieben Jahren auch zwei mechanische Blockierungen von Felix Mogdans eingesetzt. Kein Kunde wollte bisher nach unserer Beratung eine digitale Sicherung kaufen.“
Katja Triebel führt mit ihrem Bruder Kristian Triebel in vierter Generation ein Waffengeschäft in Berlin. Sie ist Unterstützerin von Prolegal und setzt sich für ein liberales Waffenrecht ein, weil ein liberaler, demokratischer Rechtsstaat nur auf mündigen Bürgerinnen und Bürgern aufbauen kann. Erbwaffenblockierung, Hauskontrollen und Grundkontingente sind für sie Zeichen des Misstrauens des Staates gegenüber dem Volk. Ihre Mottos stammen vom Vater der amerikanischen Verfassung Benjamin Franklin: „Der Mensch, der bereit ist, seine Freiheit aufzugeben, um Sicherheit zu gewinnen, wird beides verlieren.“ und vom ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Gustav Heinemann: „Ein Staat ist immer nur so frei wie sein Waffengesetz.”