Gewaltmonopol – Eine Phrase?

Immer wieder flammen in Internetforen und sozial Networks Debatten auf, die sich zum Beispiel um die vermehrt in Deutschland auftretenden Bürgerwehren drehen.
Diese Bürgerwehren setzen sich in der Regel aus besorgten Anwohner zusammen, die z.B. in ihren Wohngebieten eine Art Streifendienst versehen um Einbrecher von ihren Taten abzuhalten bzw. im Ernstfall dann die Polizei rufen und sich als Zeugen der beobachteten Tat zur Verfügung stellen. Diese Bürgerwehren werden vor allem in SPD-geführten Bundesländern nicht gerne gesehen, was unter anderem in der Rhetorik der Innenminister bzw. Innensenatoren Ausdruck findet. Stellen solche Bürgerwehren bzw. Bürgerstreifen doch indirekt ein Beleg dafür dar, dass die ständigen Personal- und Etatkürzungen bei der Polizei langsam ihre lange prophezeiten negativen Auswirkungen zeigen.

Jedenfalls wird, um den Bürgerstreifen die politische Unterstützung zu verweigern, gerne das Argument angebracht, sie würden das Gewaltmonopol des Staates unterwandern.

Doch was ist das Gewaltmonopol?
Wer genau hat dieses Monopol und wie wird es umgesetzt?
Schützt mich dieses Gewaltmonopol vor kriminelle Übergriffe?

Diese Fragen kann der unbedarfte Bürger auf der Straße in den wenigsten Fällen sicher beantworten. Zu groß ist mittlerweile die Zahl der Gesetze, Verordnungen und Vorschriften die hier im Land von jeden Bürger beachtet werden müssen. Versucht man sich dann doch an der Beantwortung der Frage nach dem Gewaltmonopol, dann werden sehr schnell auch Fragen zur Selbstjustiz (die den Bürgerwehren gerne unterstellt wird) und der Selbstverteidigung aufgeworfen. Das kann schon mal für die eigene persönliche Recherche einen großen (Zeit)Aufwand darstellen, will man diese drei Themenbereiche für sich ausführlich beantwortet wissen.

Dr. Georg Zakrajsek, pensionierter Notar und Generalsekretär der Interessengemeinschaft liberales Waffenrecht in Österreich (IWÖ), hat hierzu den folgenden Text verfasst, der diese drei Themen, (Gewaltmonopol, Selbstjustiz und Selbstverteidigung) getrennt betrachtet und erklärt.

Gewaltmonopol
So alt ist das Gewaltmonopol bei uns nicht. Verschiedene Landfriedensordnungen haben schon im 14. Jahrhundert versucht, die privaten Fehden, also private, kriegsähnliche Handlungen zu unterbinden. Im Ewigen Landfrieden Maximilians 1495 wurde dies zu einer allgemeinen Rechtsregel. Der Staat akquirierte das Monopol auf Kriegsführung, aber auch auf Rechtsdurchsetzung.
Kriege sind seither nicht mehr Privatsache, auch das Recht und seine Durchsetzung musste in die staatliche Hand gelegt werden, Selbstjustiz, also die Verfolgung des eigenen Rechts ohne staatliche Hilfe wurde verboten.
Der Inhalt des Gewaltmonopols hat sich bis heute nicht geändert. Private Kriege darf man nicht führen, das Strafgesetz und auch das zivile Recht kann und darf nur mehr mit Hilfe staatlicher Autorität durchgesetzt werden.
Das Problem unserer Zeit besteht aber zunehmend darin, dass dieses Gewaltmonopol nicht mehr richtig funktioniert. Die Zivil-Gerichte arbeiten langsam, teuer und umständlich. Auf Urteile muß man oft jahrelang warten, sie sind dann manchmal gar nicht mehr durchsetzbar, weil der Schuldner abhandengekommen oder insolvent geworden ist. Die Verfahrenskosten kommen dann zum Schaden noch dazu.
Die Strafjustiz misst mit zweierlei Maß. Gewisse Gruppen von Straftätern werden einfach nicht mehr verfolgt, Verfahren werden eingestellt oder so lange verschleppt, bis sich die Täter endgültig aus dem Staub gemacht haben und vor allem werden Gewalttaten von Tätern aus anderen Kulturkreisen auch mit deren Rechtsmaßstäben gemessen, was die Opfer ohne entsprechende Genugtuung zurücklässt.
Dies alles fördert und begünstigt Kriminalität und führt zu einer zunehmenden Rechtsunsicherheit, das Vertrauen in die staatlichen Institutionen geht immer mehr verloren.
Noch dramatischer ist aber das Fehlen einer effektiven Polizeigewalt. Der Exekutive werden immer mehr Mittel entzogen und personelle Ressourcen schamlos gekürzt. Das Gewaltmonopol, soweit es den Schutz der Bürger betrifft, ist weitgehend wirkungslos geworden. Die Schutzfunktion der staatlichen Gewalt ist daher nicht mehr vorhanden. Die Polizei beschäftigt sich bloß mit der wenig erfolgreichen Aufklärung und der statistischen Erfassung der Verbrechen. Die Verhinderung von Straftaten ist nicht mehr gewährleistet.

Selbstjustiz
Trotz dieser beklagenswerten Erscheinungen ist in unserem Kulturkreis die Selbstjustiz – also die Durchsetzung des Rechts mit eigener Hand – noch nicht wirklich in Erscheinung getreten. Das ist positiv zu sehen, allerdings ist es nur mehr eine Frage der Zeit, dass auch dieses Tabu aufbricht und der Selbstjustiz ein weitgehendes Verständnis entgegengebracht werden wird.
Solche Zustände wie die eben geschilderten haben in anderen Ländern zu der Entwicklung mafiöser Strukturen geführt, die die Funktion eines unwirksamen Gewaltmonopols übernommen haben und denen letztlich mehr Vertrauen entgegengebracht wird als den unzuverlässigen staatlichen Institutionen. Der Rechtsstaat ist dann zerstört.

Selbstverteidigung
Das Gewaltmonopol hat die Selbstverteidigung, also die Notwehr, nie beeinträchtigt oder gar abgeschafft. Die Selbstverteidigung ist ja sogar gegen ungerechtfertigte staatliche Aktionen weiter gerechtfertigt und nur in totalitären Staaten teilweise außer Kraft gesetzt worden.
Während also in unserer Rechtsordnung die Notwehr (also Selbstverteidigung) gegen widerrechtliche staatliche Maßnahmen gerechtfertigt wäre, ist in solchen Systemen zum Beispiel die Verteidigung eines Juden gegen SA-Plünderer oder die Notwehr gegen unrechtmäßige Verhaftungen durch die sowjetische Tscheka undenkbar und schwer kriminalisiert.
Kennzeichen des Rechtsstaates ist daher, dass die Notwehr innerhalb der gesetzlichen Grenzen, die aber nicht zu eng gesetzt sein dürfen, erlaubt und gerechtfertigt ist. Die Notwehr (Selbstverteidigung) ist ein Ausfluss der Grundrechte auf Leben, Freiheit und Vermögen und darf keinesfalls eingeschränkt werden.
Es ist daher unzulässig, die Selbstverteidigung, die ja bloß gegen einen unmittelbaren Angriff auf diese notwehrfähigen Güter gerichtet ist, mit der Selbstjustiz in einen Topf zu werfen. Sollte es im Zuge der Notwehr zu einem Notwehrexzess und damit zu einer Art Selbstjustiz kommen, so ist dies jedenfalls vom Gesetz verboten, hat aber mit der gerechten Notwehr nichts zu tun.
Eine unerlaubte Einschränkung der Notwehr ist zweifellos das allgemeine Verbot von Verteidigungsmitteln, was in manchen modernen Staaten praktiziert wird, weil ja nur das Vorhandensein entsprechender Mittel den Verteidiger in die Lage versetzt, sich erfolgreich gegen solche rechtswidrige Angriffe zur Wehr zu setzen.
Von diesem Aspekt her sind die jeweiligen Waffengesetze zu betrachten. Allgemeine Waffenverbote widersprechen eindeutig den Grund- und Freiheitsrechten, weil sie die Notwehr unzulässig einschränken.
Ob das Recht, Waffen zu besitzen und zu tragen ausdrücklich in einem Verfassungsgesetz niedergeschrieben ist – wie etwa in den USA – oder ist bloß aus der Auslegung der Grund- und Freiheitsrechte ergibt, ist dabei unbeachtlich. Der Gesetzgeber darf die Rechte der Bürger in dieser Hinsicht nicht einschränken.
Die drei Begriffe: Selbstverteidigung, Selbstjustiz und Gewaltmonopol sind daher streng auseinanderzuhalten. Gewaltmonopol und Selbstjustiz sind dabei kommunizierende Gefäße. Zieht sich das Gewaltmonopol zurück, so steigt die Bereitschaft zur Selbstjustiz. Das soll nicht sein, die Entwicklung geht aber leider in diese Richtung.
Die Selbstverteidigung, die Notwehr also, hat aber hier herauszufallen. Sie ist ein unabdingbares Menschenrecht und widerspricht dem Gewaltmonopol nicht. Ein demokratischer Rechtsstaat hat dies immer zu respektieren.