Israel
Von unserer Presse hier relativ unbeachtet, und von unseren waffenverbietenden Politikern ignoriert, geschah am 18.11.2014 folgendes.
Zwei Personen betraten am Dienstagmorgen, bewaffnet mit Messern, Äxten und einer Schusswaffe, die Kehilat Bnei Torah Synagoge in West-Jerusalem und griffen die anwesenden Betenden an. Drei Verkehrspolizisten, die nach dem Notruf zuerst am Tatort eintrafen, lieferten sich mit den Tätern ein Feuergefecht. Dabei wurden die beiden Täter erschossen und zwei der Polizisten verwundet, einer davon so schwer das er Stunden später an seinen Verletzungen starb.
Insgesamt wurden vier Besucher der Synagoge getötet und sieben weitere zum Teil schwer verletzt.
Das ist die Meldung, auf ihre wichtigsten Fakten begrenzt. (Quelle: Ha’aretz vom 18.11.2014)
Vielleicht fragen sich einige: „Ja und? Was soll‘s? Ist in Israel passiert, die haben doch immer Stress…“
Tatsächlich stellt der Angriff auf Betende in einer Synagoge den vorläufigen Höhepunkt in einer Welle der Gewalt dar, die seit Wochen, zu großen Teilen unbeachtet von der Weltöffentlichkeit, durch Israel geht. Aber ungeachtet der Ursachen für diesen Hass gegen Israelis, und der gläubigen Juden im Speziellen entgegen gebracht wird, so überrascht die Ankündigung des Ministers für Innere Sicherheit, Yitzhak Aharonovitch.
Das israelische Waffengesetz – ein Überblick In Israel gibt es kein verfassungsmäßiges Recht auf Waffenbesitz. Ähnlich wie in Deutschland, benötigt man zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe eine Waffenlizenz. Berechtigt für den Besitz und das Führen von Schusswaffen sind in Israel Personen, auf die folgende Kriterien zutreffen:
In der Regel ist der Waffenbesitz auf eine Waffe beschränkt und der Besitzer darf max. 50 Patronen pro Jahr erwerben. Ausgenommen davon ist der Bedarf für das Trainieren, der auf den Schießständen erworben wird.
Die Waffenlizenzen müssen mit allen Nachweisen und Überprüfungen alle drei Jahre neu beantragt werden. Das verdeckte oder offene Führen einer Schusswaffe in der Öffentlichkeit für Zivilisten ist an keiner besonderen Lizenz gebunden.
Quelle: |
Wenige Stunden nach der Bluttat versprach der Minister die Regelungen des Waffengesetzes in Bezug auf das Erwerben von entsprechenden Waffenlizenzen zu lockern. (Quelle: The Times of Israel vom 18.11.2014) Im Jahr 2013 hatte Minister Aharonovitch noch das Ziel, die Zahl der Inhaber einer Waffenlizenz pro Jahr um ca. 10.000 zu senken. (Quelle: Ha‘aretz vom 22.05.2013)
Um jetzt kein falsches Bild vom israelischen Waffengesetz zu haben, auch wenn einigen Lesern jetzt die Bilder von jungen Israelis durch den Kopf gehen, die mit dem M4-Sturmgewehr bewaffnet in der israelischen Öffentlichkeit gemacht wurden. Auf diesen Bildern sind fast ausschließlich Angehörige der israelischen Streitkräfte zu sehen, die gerade nicht im Dienst sind. Das Militär schreibt aber seinen Soldaten vor, immer auf einen Angriff reagieren zu können, weshalb diese auch während ihres Urlaubs ihre Dienstwaffe mit sich führen müssen. Das Waffengesetz, das den Waffenbesitz für Zivilisten reguliert, ist hingegen sehr streng.
(siehe Kasten).
Am 20.11.2014 stellte Minister Aharonovitch dann die Lockerungen des israelischen Waffengesetzes vor:
Die Restriktionen zum Erwerb einer Schusswaffe zur Selbstverteidigung werden gelockert, so dass in Zukunft auch Personen eine Schusswaffe erwerben können, die vorher davon ausgenommen waren.
Zusätzlich sollen die Zahl der Zonen, in denen das Führen von Schusswaffen bisher verboten war, eingeschränkt werden.
Der bürokratische Vorgang bei Verlängerungen von Waffenlizenzen soll vereinfacht und beschleunigt werden.
Dazu sagt der israelische Innenminister Aharonovitch:
“The decision to ease [approving gun permits] is a result of the present need to strengthen the feeling of security for the population, in light of the recent terrorist incidents befalling us," Aharonovitch said. "Issuing the licenses will done in a controlled and responsible fashion while using judgment, and based on the criteria of authorization and training."
"Die Entscheidung zur Erleichterung [der Genehmigung von Waffenlizenzen] ist, angesichts der jüngsten Terrorfälle, das Ergebnis der aktuellen Notwendigkeit zur Stärkung des Sicherheitsempfinden für die Bevölkerung" sagte Aharonovitch. "Das Ausstellen der Lizenzen wird kontrolliert, verantwortungsvoll und gerecht geschehen, basierend auf den Kriterien der Zulassung und des Training."
(Quelle: Ha’aretz vom 20.11.2014)
Nach Aussage von Boaz Ganor, Direktor des Internationalen Instituts zur Terrorismusbekämpfung in Herzliya, sei das Ziel dieser Lockerung, die Zahl der Schusswaffen in der Bevölkerung zu erhöhen, damit in Zukunft im Fall eines Angriffes diese sich besser gegen Angreifer verteidigen können, wenn die Polizei gerade nicht präsent ist.
Hierzulande würde ein Innenminister politischen Selbstmord begehen, würde er eine Reform zur Liberalisierung des §19 WaffG oder Selbstschutz als viertes Bedürfnis zu unserem erprobten Bedürfnisprinzip fordern. Tatsächlich gibt es Stimmen, die in einer Lockerung des Waffengesetzes den Untergang des staatlichen Gewaltmonopols sehen.
Dietrich Alexander, stellv. Ressortleiter Außenpolitik
[…]Die Regierung will nun die Waffendichte in Israel erhöhen, damit die Bürger selbst schneller und flexibler auf Mordversuche und Angriffe dort reagieren können, wo Polizei oder Armee nicht präsent sind. Sie weitet den Kreis derer aus, die Waffen tragen dürfen, und riskiert damit, ihr Waffen- und Gewaltmonopol aus der Hand zu geben oder zumindest auf solche Personen auszudehnen, die sie kaum mehr kontrollieren kann. […]
Quelle: Die Welt –Israel will eine schnelle Bewaffnung seiner Bürger – Onlineartikel vom 18.11.2014
Es mag skurril wirken, wenn in dieser aufgeheizten Atmosphäre religiös motivierter Gewalt die Restriktionen zum Waffenrecht gelockert werden. Tatsächlich wurden von den israelischen Bürgern seit längerem Liberalisierungen des Waffenrechts gefordert.
Lange waren Politiker in Israel der Meinung, man könne die Zahl der Gewalttaten gering halten, wenn man die Zahl der verfügbaren Schusswaffen in der Bevölkerung gering hält. Es mutet seltsam an, das israelische Politiker aus der schmerzhaften Lektion des Holocaust im 3. Reich, durch eine gesetzlich entwaffnete Bevölkerung begünstigt, keine entsprechenden Lehren gezogen haben und stattdessen selbst ein restriktives Waffenrecht erarbeiteten. Stattdessen versuchte man der Bedrohungslage durch palästinensische Attentäter mit umfassenden Kontrollen, Beschränkungen und Verboten zu begegnen. Aber so ein System funktioniert in einer demokratischen Gesellschaft nur bedingt. Irgendwann ist der Punkt erreicht, da überschreitet so eine Gesellschaft die Grenze zum Totalitarismus. Mit den Worten von Benjamin Franklin gesagt: „Wer Freiheit aufgibt um Sicherheit zu erlangen, wird am Ende beides verlieren.“
Das aktuelle Attentat in Israel hat den Politikern wahrscheinlich endgültig und schmerzhaft vor Augen geführt, dass sich Täter nicht an israelische Gebote und Gesetze halten, sondern ihre eigenen Gesetze, Regeln und Gebote befolgen. In dem aktuellen, offensichtlich religiös motivierten Fall war die mitgeführte Schusswaffe nur eines der Tatmittel, aber nicht das Ausschlaggebende. Hier waren Äxte und Messer die bevorzugten Tatwerkzeuge. Einer der Täter verwendete sogar ein normales Küchenmesser. Hier zeigen sich die Grenzen, die ein Waffengesetz hat. Vor allem zeigte sich, dass ein restriktives Waffengesetz nicht den Täter entwaffnet, sondern die potentiellen Opfer wehrlos macht.
Liberalisierungen bzw. Lockerungen von gesetzlichen Einschränkungen rufen auch immer Mahner und Pessimisten auf den Plan.Gerade in Bezug auf Gesetze, welche die öffentliche Sicherheit betreffen und bei einer Liberalisierung den Bürgern mehr Eigenverantwortung zugestehen, propagieren die Gegner die Abschaffung des staatlichen Gewaltmonopols. Viele, selbst ausgebildete Juristen hierzulande, unterstellen den Bürgern eines Staates, die eine Bewaffnung zum Selbstschutz fordern, die Unterhöhlung des staatlichen Gewaltmonopols und Begünstigung von Anarchie und Selbstjustiz. Würde man jetzt aber die Waffengesetze eines Staates hin zu einer legalen und behördlich kontrollierten Bewaffnung zum Selbstschutz liberalisieren, wie äußert sich dann die propagierte Untergrabung des staatlichen Gewaltmonopols? Die Verfechter dieser Meinung möchten sich mal folgender Überlegungen stellen:
- Wenn Bürger eine Lockerung des Waffenrechts fordern, um sich legal statt illegal zum Selbstschutz bewaffnen zu können, handeln diese dann gegen den Staat?
- Wie soll der Staat seine Bürger behandeln, die sich illegal zum Selbstschutz bewaffnen, wenn diese sich einfach nur vor Angriffen gegen sich und ihrer Angehörigen schützen wollen?
- Welche Maßnahmen muss der Staat ergreifen, um die Notwendigkeit einer illegalen Bewaffnung seiner Bevölkerung entgegen zu wirken und die dabei dem grundlegenden Bedürfnis nach Sicherheit Rechnung zu tragen?
- Welche Maßnahmen und Handlungen der Bürger untergraben das staatliche Gewaltmonopol?
Und die wohl wichtigste Frage, die sich jeder Vertreter der These „Bewaffnete Bürger untergraben das staatliche Gewaltmonopol“ stellen sollte:
Wie definiert sich eigentlich das staatliche Gewaltmonopol?
Etwas spät, aber der Beitrag ist ja noch auf der Startseite.
Das „Gewaltmonopol des Staates“ ist eine Medien-Schimäre. Aus diesem einfachen Grund ist er nicht definiert. Der Begriff ist beliebig und wird ensprechend beliebig als pseudojuristischer Totschläger eingesetzt.
Die natürlichen Bürgerrechte umfassen prinzipiell auch die Anwendung von Gewalt, laut Grundgesetz sogar <b>gegen den Staat</b> (Art. 20) wenn es geboten ist.
So ein Unfug!
Das "Gewaltmonopol" hat nichts mit Gewalt zu tun, sondern beschreibt die rechtliche Position zu hoheitlichem Handeln befugt zu sein. Das ist die Definition. Das Recht auf Selbstverteidigung ist davon unberührt.